Zwei, die sich aufmachten Peru zu verlassen oder was heißt eigentlich “paro”?

27 09 2010

22.09.2010-24.2010 (Veit)

Die unangenehme und ärgerliche Überraschung kam dann als wir spät abends vom Machu Picchu nach einer langen Zug- und Busfahrt wieder in Cusco ankamen. Der Plan war direkt am nächsten Morgen einen Bus nach Puno und weiter nach Bolivien zum Titicacasee zu nehmen. Am Busterminal erfuhren wir dann von unserer präferierten Busgesellschaft, dass der nächste Bus erst Donnerstag fahren soll, obwohl es eine tägliche Verbindung geben sollte. Dabei erwähnte die nette Frau immer das Wort “paro”. Wie auch immer dachte ich mir, wenn diese Busgesellschaft nicht will und nicht fährt, die Konkurrenz wird uns schon mitnehmen, aber auch dort wurden wir eines Besseren belehrt und wieder wurde das Wort “paro” gerufen. Auf meine Nachfrage “Que significa paro?”, reichten meine bzw. unsere Spanischkenntnisse zunächst nicht aus, um es zu verstehen, aber nach dem 3. Busunternehmen und den genervten Reisenden im Busterminal wurde auch uns schnell klar, dass es sich um einen zwei Tage dauernden Streik, der alle Umgebungs- und Zufahrtstraßen um Cusco betraf, handelte. Wir waren ziemlich angenervt und hatten wahrscheinlich die schlechteste Laune seit wir in Südamerika sind. Hatten wir doch schon genug Zeit in Huaraz verloren, und wollten wir eigentlich schnellstmöglich aus Cusco verschwinden, die Touristenmassen hinter uns lassen und freuten uns auf Bolivien. Aus lauter Verzweiflung versuchten wir am nächsten Tag trotz Streiks, Demonstrationen und Barrikaden ein Busunternehmen oder eine Möglichkeit zu finden Cusco Richtung Puno zu verlassen. Es fuhren noch nicht einmal Taxis vormittags und so informierten wir uns zuerst bei lokalen Reiseagenturen über die Möglichkeit einen Privattransport zu organisieren, der evtl. über selten befahrene Straßen, alle Blockaden umgehen und uns nach Puno bringen könnte. Jedoch verwarfen wir diese Möglichkeit nachdem uns die Touriinfo von solchen Überlegungen abgeraten hatte. Doch wir wollten nicht aufgeben und gingen zum lokalen Busbahnhof und fanden drei Busunternehmen, die glaubhaft versicherten, dass ein Nachtbus nach Puno noch am gleichen Tag fahren sollte. Alle anderen vielleicht 20 Unternehmen sagten uns allerdings, dass der Streik andauert und kein Bus ihres Unternehmens fahren würde. Wider besseren Wissens, und weil wir wirklich weiter wollten und gar keine Lust hatten länger als nötig in Cusco zu bleiben, buchten wir zwei Tickets um 22 Uhr von Cusco nach Copocabana über Puno.

Damit sollten wir auch ein weiteres Abenteuer gebucht haben…

Zuerst lief alles noch halbwegs normal. Der Bus fuhr leicht verspätet los, unsere Sitze waren nicht so komfortabel und der Bus roch unangenehm, aber das war uns anfangs relativ egal. Nach einer sehr langsamen Fahrt mit vielen Unterbrechungen sollte dann jedoch gegen 01:45 Uhr endgültig Schluss sein. Der Bus hielt, der Motor wurde abgestellt und wir waren irgendwo im Nirgendwo auf einer Straße in einem Ort blockiert durch zahlreiche LKWs und Busse, die auch nicht weiter konnten. Das Ausmaß des ganzen haben wir dann festgestellt als es dämmerte und wir das erste Mal den mittlerweile stinkenden Bus verließen und die Straße an den teilweise verlassenen Bussen und LKWs entlang gingen bis zur Blockade. Diese bestand aus riesigen Geröllsteinen, brennenden Autoreifen und einem Menschenauflauf, bei dem man sich nicht sicher sein konnte, ob er friedlich oder gewalttätig sein würde.

Nach weiteren 2-3 Stunden im Bus und einer Mischung aus Verzweiflung, Frustration und Aufgabe, ohne jeglichem Informationsfluss wie es weiter gehen sollte, versammelte sich vor unserem Bus eine kleine Gruppe Touristen, die sich ihr Gepäck aus dem Bus geben lassen hatten und entschlossen war die Blockaden und Barrikaden zu Fuß zu überwinden; mit der Hoffnung, aber ohne jeglicher Gewissheit, einen Weitertransport hinter den Barrieren zu finden. Spontan und entschlossen, lieber zu handeln als die nächsten 24 Stunden oder länger in diesem Bus in diesem Ort auf dieser Straße zu verbringen, schlossen wir uns an. Unsere mutige Gruppe bestand aus 6 Brasilianern/innen, 4 Deutschen (mit uns), 1 englischen Pärchen, 1 osteuropäisches Pärchen, 2 Franzosen, 2 immigrierten amerikanischen Chinesen und 2 Japanern. Es muss ein interessanter Anblick gewesen sein, wie 20, mit Rucksäcken beladene, Touristen durch die Steinblockaden und an den peruanischen Demonstranten vorbei die Straße entlang gingen, um ihr Glück dahinter zu finden. Es lief alles friedlich und unkompliziert ab. Wir wurden weder aufgehalten noch angefeindet und so wurde die ganze Aktion zu einem gemeinsamen Erlebnis. Wir unterhielten uns mit den immigrierten Chinesen aus Kalifornien, mit den 2 Deutschen und den super netten Brasilianern. Nach ca. einer Stunde stetigen Wanderns entlang der Straße wurden wir schon von freundlichen Peruanern empfangen, die uns einen Weitertransport anboten.

001 El Paro 002 El Paro 003 El Paro 006 El Paro

 

Dieser sollte ein Bus sein und uns zuerst alle für 15 Soles (4 €) pro Person nach Puno bringen. Das hörte sich verlockend an und nach weiteren 20 Minuten stand dann auch der Bus an einer Tankstelle. Jedoch sollte der Preis von 15 Soles pro Person nur gelten, wenn der Bus komplett voll war. Unser brasilianischer Verhandlungsführer überzeugte dann den Fahrer und zahlreichend anscheinend dazugehörende Peruaner, dass sie froh sein sollten, dass wir 20 Leute zusammen sind, und dass wir bereit wären 20 Soles pro Person zu zahlen, wenn der Bus sofort losfahren würde. Nach einigen Telefonaten (wahrscheinlich mit dem Chef des Ganzen), sollten wir 25 Soles pro Person zahlen. Die Macht, das Monopol und unsere Verzweiflung waren auf der Seite des peruanischen Busunternehmens. Aber nicht mit unseren Brasilianern. Nach einer kurzen internen Besprechung zogen alle 20 Mann unserer Gruppe entschlossen ihre Rucksäcke wieder an und deutenden an geschlossen weiter zu laufen. Diese sehr entschlossene Aktion schien unser peruanisches Monopol doch zu beeindrucken und so einigte man sich doch auf 20 Soles (ca. 6 EUR) pro Person.

Natürlich sammelte der Bus bei jeder Gelegenheit weitere Einheimische zahlende Kundschaft auf, aber so ist das und es war uns egal; es ging weiter. Wir kamen auch noch rechtzeitig in Puno an, um den letzen Anschlussbus nach Bolivien zu bekommen, da die bolivianische Grenze um 18.30 peruanischer Zeit schließt und bis dahin alle Einreiseformalitäten geklärt sein mussten. So schafften wir es tatsächlich noch am selben Tag Peru zu verlassen, nach Bolivien einzureichen und an einem Ort wo viele von euch sicher schon mal hinwollten, zu gelangen; nämlich Copacabana :-)!

Der bolivianische Ort liegt wunderschön am Titicacasee, hat einen tollen Strand, nette Restaurants und Hotels und war Ausgangspunkt für unsere 2-Tagestour zur Isla del Sol auf dem Titicacasee. Zu allererst haben wir es uns aber gut gehen lassen und uns ein tolles Abendessen mit Pisco Sour, Rotwein, Filet Mignon (Veit) und Salat & Gemüselasagne (Meike) gegönnt. Zudem trafen wir das kanadisches Pärchen aus Kolumbien wieder (wir hatten die ganze Zeit email Kontakt und hatten gehofft sie noch in Copacabana anzutreffen) und so sollte es am nächsten Morgen gemeinsam auf die Isla del Sol gehen. Dort ging es in einer wunderschönen Wanderung sieben Stunden über die Insel und wir kamen rechtzeitig vor dem Sonnenuntergang wieder zurück, um die wohlverdienten Bierchen bei einem herrlichen Ausblick auf den Titicacasee zu trinken. Die zwei Tage mit unseren kanadischen Freunden und vor allem der Titicacasee, die Bolivianer und die Landschaft auf durchschnittlich 4000m Höhe waren wunderschön. Nun soll es erst mal weiter gehen nach La Paz und dann wohl Richtung Amazonas Dschungel und in die bolivianische Pampa. Uns geht es wieder hervorragend. Viele Grüße nach Hause an euch alle und Respekt an alle, die es bis hierhin durchgehalten haben, diese zwei Berichte zu lesen 🙂 (Anm. d. Red.: Veit war ein wenig im Schreibrausch.)

Nachtrag: 27.09.2010: Mittlerweile sind wir in La Paz und morgen startet unsere 5 Tages-Action-und Abenteuertour von Sorata nach Rurrenabaque. Alle Infos zu dieser Tour von den Anden bis in den Amazonasdschungel findet Ihr hier:

http://www.andeanepics.com/index.php?accion=viewpa&s=148

Direkt im Anschluss werden wir wahrscheinlich noch eine 3 Tages Pampatour von Rurrenabaque ausmachen auf der wir unter anderem wohl mit rosa Flussdelfinen schwimmen sollen aber auch Piranhas angeln dürfen 🙂 Also der nächste Bericht wird sicher spannend aber kann ein bisschen dauern…



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3 Antworten zu “Zwei, die sich aufmachten Peru zu verlassen oder was heißt eigentlich “paro”?”

  • Astrid Mueller sagt:

    Hallo Veit und Meike,

    eure Reiseberichte sind einfach super toll!!!!Wir warten immer schon ganz gespannt auf den nächsten!!! Und die Bilder dazu einfach super schön!!! Da wird uns bewußt, wie schön doch unsere Welt ist und das ihr alles richtig gemacht habt euch das alles anzugucken!!!
    Schön, daß es euch auch so gut geht und keine neuen „Ausfallerscheinungen“ aufgetreten sind!!!!
    Hier geht langweiligerweise alles seinen gewohnten Gang….!!! Aber ihr laßt uns ja Gott sei Dank an euren Abenteuern teilhaben!!!
    Wir freuen uns schon auf den nächsten Bericht und wünschen euch bis dahin eine super Zeit!!!!!!!!!!!!!!!

    LG
    Astrid und Norbert

  • Steffen sagt:

    Hi ihr 2!
    Auch ich lese immer wieder regelmäßig eure spannenden Berichte.
    Weiter so.

    PS: Dirk und Dana haben immernoch nicht geheiratet ! ;o)

  • Gesche sagt:

    Hallo Ihr Beiden,
    Eure Reiseberichte sind toll und für Eure alte Tante ziemlich aufregend, so dass ich sie jetzt nur noch morgens lese. Dann kann ich abends auch wieder in den Schlaf kommen. Bleibt gesund und froh – liebe Grüße von Gesche

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